Sie liebt das Meer, er den sternenlosen Himmel

Tosende Fluten und reißende Wellen,
Schneidender Wind.
Schaumkronen, die ans Ufer prellen
Malerei, die auf dem Sand zerrinnt.

Leichte, hohle Steine in Orange getunkt
Bleiben am Strand zurück.
Ich finde sie, denk mir: „Welch ein Glück“
Und blicke lächelnd auf den Meeresgrund.

Hier sind Lebensrealitäten noch in Ordnung,
Weil Naturgewalten, sie gestalten.
Hier wird der Morgen zweitrangig,
Nur der Moment zur Pflicht.
Hier ist dunkles Nass,
Was mich gewissermaßen LEBENDIG macht.
Nach diesem Ort hab ich Heimweh
Meeresstrand und Nordsee.

Und dann traf ich dich.

Dich, der einen Himmel nur ohne Sterne kennt
Und bei Sternenbildern nicht an lang vergessene Geschichten denkt.
Dich, der die Schönheit des Meeres nicht versteht
Und den schon eine leichte Brise aus der Fassung weht.
Dich, der nicht weiß wie ein Krabbenbrötchen schmeckt
Und keinen Unterschied zwischen diesen und Garnelen entdeckt.
Dich, der bei Seepocken und Quallen ins schwimmen gerät
Und nicht weiß, wie lang Ebbe und Flut geht.

Und dann traf ich dich, der mich gedanklich nicht gehen lässt,
Was sehr schmerzt, denn wir wohnen soweit voneinander weg.
Du hältst mich gefangen, dort wo der Himmel sternenlos ist
Und ich das flache Land vermiss.
Dort, wo der Sommer noch bis Oktober geht
Und sich das Land als eigener Staat versteht.
Dort, wo Deiche nicht existent sind
Und fast schon Österreich beginnt.
Dort, wo man „Brötchen“ „Semmel“ nennt
Und kein „Rummelpott laufen“ kennt.

Ich bin wieder Heim und werde begrüßt von Regen.
Gefolgt von Gewitter, das würde es bei dir nie geben.
Bei dir entlädt sich der Himmel in den Wolken nicht,
Was ein trauriger Verzicht.
Es gibt nichts über ein Gewitter am Abend
Und der Erkenntnis, ich werd heut nicht mehr schlafen.

Drum setzt man sich vor den Karmin gehüllt in Decken,
Beginnt die Nasen in ein gutes Buch zu stecken.
Dabei trinkt man einen „Schietwetter“-Tee
Und sticht schmökernd mit John Maynard in See.

Erlebt die größten Abenteuer und Seemansgarn
Fährt weiter, nutzt das Sternenzelt als Plan.
Kommt des Nachts irgendwo auf dem Meer zum Stehen,
Man kann nämlich das Meeresleuchten sehen.
Im Handumdrehen wird beschlossen eine Runde mit den Algen zu drehen
Und sie schwimmend live zu erleben.
Sich überwältigen zu lassen.
Von einem Sternenhimmel
Und einem Sternenmeer
Ich glaube so glücklich war ich lange nicht mehr.

Ich schließe das Buch, das Gewitter hat sich gelegt.
Beschließe schlafen zu gehen, bin aber gespannt wie die Geschichte weiter geht.
Am nächsten Morgen schreibe ich dir eine Karte und lade dich zum Sternenbaden ein,
Doch zwischen Ende Juli und Anfang August schaffst du es nicht bei mir zu sein.
Das Meeresleuchten vergeht und Zeit auch,
Ich frage mich, ob das zwischen uns was taugt.

Du erzählst mir von der Schönheit deiner Stadt
Und dass ihr bei euch alles richtig macht.
Erzählst mir, wie glücklich die Menschen sind da zu leben
Und ich frage dich: „Bist du schon mal in Schleswig-Holstein“ gewesen?

Du verneinst, wiederholst, du hättest keine Zeit
Und ich hab das Gefühl, es ist so weit
Dich aus meiner Gedankenwelt zu kalken,
Weil zu unterschiedliche Vorstellung aufeinander prallten.
Ich fing an den Wind zu umarmen, ihn an meinen Haaren ziehen zu lassen.
Ich wusste du würdest fröstelnd neben mir stehen und ihn insgeheim hassen.
Bist zerzaustes Haar nicht gewohnt,
Weil euch der Sturm überwiegend verschont.

Mich nicht.
Mich reißt er in die jauchzenden Wellen
Und ich will an ihnen ab prellen.
Durch sie tauchen, in ihnen schwimmen,
Ihr könnt nur Flüsse zum Baden gewinnen.

Ich rappel mich auf, springe der nächsten sich aufbäumenden Welle entgegen
Und will nie dahin, wo mir keine Fluten begegnen.
Nie dahin, wo das Schaf auf dem Deich fehlt,
Nie dahin, wo Lichtverschmutzung Sterne stehlt.
Nie dahin, wo man mir eine Krabbe als Garnele verkauft,
Nie dahin, wo man keine Regenjacke braucht.
Nie dahin, wo der Oktober noch 27 Grad hat,
Nie dahin, wo Flussufer sind, anstelle von Watt.

Ich werde immer im Norden Zuhause sein,
Denn in mein Herz passen Wellen und Windräder rein.
In mein Bücherregal gehören Böhme, Groth und Storm
Und ich hatte schon Angst, ich hätt mein Herz an einen Franken verlor’n!

Dabei hängt es doch an Krokussen und Kohlköpfen,
Einem „Moin“ und aus der Natur Kraft schöpfen.
Die klare Luft einatmen und zu wissen,
„Das ist meine Heimat, die möchte ich nicht vermissen!“

3 Kommentare zu „Sie liebt das Meer, er den sternenlosen Himmel“

  1. Hallo Alina!
    Ich hab jetzt schon zwei drei Texte gelesen, die mir gefallen haben -versteh mich nicht falsch – aber dieser Text ist etwas besonderes!
    Ich kann gar nicht wirklich ausdrücken was es ist, vielleicht auch einfach der schöne Vergleich zwischen zwei so verschiedenen Menschen, aber es hat mich wirklich berührt. Du hast mich so mitgerissen und ich glaube ich werde sie Zeilen noch ein paar mal lesen. Die Ausdrücke Sternenbaden und Sternenmeer finde ich besonders schön, aber mehr ausklamüsern möchte ich gar nicht. Es hat mir einfach als gesamtes total gut gefallen. Die Emotionen haben mich einfach abgeholt. Top mach weiter so 🙂
    Liebe Grüße
    Eva

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