Lagerfeuermoment

Stell dir mal vor, du sitzt am Lagerfeuer
Umringt von vielen anderen Menschen, mit denen du heute gelacht hast,
Spaß hattest.
Ihr sitzt ums knisternde und Flammen schlagende Licht herum
Wärmt euch
Und plötzlich seid ihr in diesem kleinen, aber sehr entscheidenden Moment angelangt
In dem Moment, in dem ihr nichts wollt.

Du sitzt da
Flammen züngeln in deinem Lichtfeld
Und du tust rein gar nichts
Lässt geschehen
Und es ist alles, was du brauchst.

„Das ist ein Lagerfeuermoment.“

Sagst du zu mir.
Ganz ruhig und klar.
Ich sitze und höre zu.

Und auf einmal dreht sich alles.

Ich frage mich, wie kann ich das, was ich tue, wollen?
Und wie will ich, was ich tue?
Wie kann ich den entscheidenden Details Aufmerksamkeit zollen
Und wie komm ich zur Ruhe?
Wie handle ich tugendhaft, um tugendhaft zu sein?
Und wann bin ich in der Gegenwart eines Freundes allein?
Ich zweifel, ob ich mein Leben richtig lebe
Und an meinem Wert.
Frage mich, ab wann ich etwas nicht nur höre, sondern verstehe
Und wer mir das „sein“ erklärt.

Du legst deine Stirn in Falten und schaust mich an
Sagst: „Wann hast du zuletzt was für dich getan?“

Ich hüte meine Zunge davor, Buchstaben aneinanderzureihen
Und stell mir einen Freiraum vor, der es mir erlaubt zu schrein.
Der mir erlaubt anzuprangern und auf Recht zu beharren
Der mir erlaubt zu weinen und zu schlafen.

Plötzlich erscheint dein mir so vertrautes Gesicht
Mein Unterbewusstsein dachte sich wohl: Den nehm ich mit“
Nun sind wir gemeinsam hier
„Dass ich gerade mal nicht muss“, ist, was ich probier.

Du nimmst mir keinen Platz, du gibst ihn mir auch nicht
In deiner Gegenwart setz ich an erste Stelle „mich“
Und merke, dass ich atmen kann.

Du verlässt den Raum, in dem wir kurz zu zweit drin waren,
Weil du sagst, du musst ihn auch für dich alleine haben.
Vor deiner Existenz soll kein Präfix-Co stehen
Und ich will nicht, aber lass dich gehen.

Hier wehen Windböen durch meine Locken,
Und Möwen fliegen übers Firmament
Hier existiert Zeit, ohne dass sie rennt
Und dahinten, kurz vorm Teich, verblühen Osterglocken.
Ameisen krabbeln über meine Socken
Eine Hummel surrt durch die Luft
Ich könnte sie, wenn ich wollte, stoppen
Und in der Luft liegt Aufbruchslust.

Meine Gedanken schweifen ab und ich blicke auf den Teich.
Zwei Weiden lassen ihre Äste hängen, fließend. Leicht.
Blicke auf das lichtreflektierende Wasser, was sie trennt
Und ganz kurz denk ich.

Lagerfeuermoment.



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